Montag, 24. Juni 2013

Bald keine kostenlosen Girokonten mehr?

"Banken wollen kostenlose Konten abschaffen" titelt die Wirtschaftswoche heute in ihrer Onlineausgabe. Demnach hat eine Umfrage unter Privatbanken ergeben, dass 46% der Institute erwarten, dass kostenlose Girokonten verschwinden werden. Diese Aussage muss allerdings sehr deutlich in Frage gestellt werden. Vermutlich handelts es sich dabei auch eher um Wunschdenken als um eine handfeste Annahme.
Das Girokonto bietet für eine Bank eine sehr angenehme Geschäftsgrundlage. Einerseits wechseln Kunden ihr Girokonto nicht so häufig wie ein Sparkonto und anderseits bietet ein Girokonto die perfekte Grundlage einem Kunden weitere Produkte anzudienen. Entscheidet sich der Kunde während seiner Geschäftsbeziehung auch noch für den ein oder anderen Kredit, um den Dispo abzulösen, oder lässt sich der Kunde die eine oder andere Versicherung verkaufen, ist die Welt für "die Bank" völlig in Ordnung. Diese Rechnung geht nur für viele Filialbanken seit längerer Zeit nicht mehr auf. Einerseits sind die Kunden durch Finanzkrise und diverse Fehlberatungen misstrauischer geworden, anderseits haben viele Kunden inzwischen Tagesgeldkonten bei Direktbanken oder Kredite bei besonderen Kreditbanken. Wird das Auto bei der Autobank gleich mitfinanziert, schaut die Hausbank natürlich in die Röhre. Wenn also nur das Girokonto bei der Hausbank - alles andere aber verstreut bei Spezialisten oder Direktbanken liegt, geht die Kalkulation für die Hausbank nicht mehr auf.
Direktbanken sind überhaupt das Stichwort. Hier lässt sich sogar ein gegenläufiger Trend erkennen. Die Comdirect Bank hat schon vor Jahren den Mindestgeldeingang beim Girokonto gestrichen, im Februar 2013 folgte auch die Münchner DAB Bank und im April 2013 verkündete auch Cortal Consors das kostenlose Girokonto ohne Mindestgeldeingang. Auch bei ING-DiBa, DKB, Netbank, 1822direkt, Norisbank und Wüstenrot direct erhalten Kunden ein gebührenfreies Girokonto. Auch viele genossenschaftlich organisierte Banken bieten seit Jahren ihren Kunden ein kostenloses Girkonto an - und fahren gut damit. Bedingung ist hier jedoch oft, einen Genossenschaftsanteil zu kaufen. Dieser wiederum ist meist gut verzinst - alles also kein Problem.
Und auch bei den Filialbanken ist die Sicht eher zweigeteilt. Die Postbank experimentiert immer mal wieder mit völlig kostenlosen Girokonten, macht aber ständig neue, komplizierte Aktionen. Die Hypovereinsbank hat gerade wieder ihr kostenloses Online Girokonto gestärkt, bietet aber auch noch weitere gebührenpflichtige Konten an. Auch die Targobank fährt mehrgleisig. Einerseits wurde dieses Jahr das kostenfreie Onlinekonto aufgeräumt, andererseits gibt es auch weiterhin gebührenpflichtige Konten für Kunden die gern mal eine Filiale betreten. Die Commerzbank wirbt am offensivsten mit einem kostenlosen Girkonto, koppelt dieses jedoch an einen Mindestgeldeingang - die Erfolge stellen sich aber nur langsam ein, Geld wird noch nicht verdient.
Wer bleibt also übrig? Die Deutsche Bank hatte offiziell noch nie ein kostenloses Girokonto und fährt sicherlich gut damit, solange die Masse der Kunden die Gebühren nicht in Frage stellt. Die Santanderbank hat bei der Integration der SEB viel Porzelan zerschlagen und sucht noch immer nach dem richtigen Weg. Fakt ist auch, dass viele kleinere Institute - gerade kleine Sparkassen - sicherlich nie ein kostenfreies Girokonto gewinnbringend realisieren können. Schließlich werden die Banken seit Jahren mit den unterschiedlichsten aufsichtsrechtlichen Anforderungen und kundenseitigen Ansprüchen in teure Investitionen getrieben. Egal ob die Umstellung auf Sepa, erhöhte Eigenkapitalrichtlinien oder auch noch die 5. App für das 5. Smartphone-Betriebssystem - diese Kosten kann man nur durch Masse stemmen, was sicherlich zu einer weiteren Konsolidierung bei kleineren Instituten führen wird.
Aus Kundensicht besteht aber erstmal keine Gefahr. DKB, Comdirect und ING-DiBa verdienen sicherlich inzwischen gutes Geld mit ihren kostenlosen Girokonten und die anderen Direktbanken wollen wachsen. Solange es in Deutschland einen so harten Wettbewerb um Kunden gibt, wird immer auch ein kostenloses Girokonto drin sein. Im Endeffekt muss sich jeder Kunde selbst die Frage stellen, welchen Service er will und wieviel ihm das wert ist. Wenn man aber erstmal begonnen hat, seine Geschäfte online zu erledigen und durch die Anrufe des Bankberaters eher genervt als erfreut ist, ist es nicht mehr weit bis zum Wechsel zu einer Direktbank.
Gedanken machen müssen sich im Endeffekt die alteingesessenen Filialbanken - hier gibt es sicherlich noch immer Spielraum für Kooperationen, Fusionen, Prozessvereinfachungen oder alternative Geschäftsmodelle.

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